Ehrenamtlicher Richter beim Sozialgericht - berufen werden
Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sind Bürgerinnen und Bürger, die am Gerichtsverfahren teilnehmen.
Werden Sie als ehrenamtliche Richterin oder ehrenamtlicher Richter ausgewählt, sind Sie verpflichtet, das Amt anzunehmen. Ausnahmen sind möglich.
Als ehrenamtliche Richterin oder ehrenamtlicher Richter sollen Sie Erfahrungen, Kenntnisse und Wertungen aus Ihrem täglichen Leben in die Verhandlungen und Beratungen einbringen.
Für Sie gelten dieselben Grundsätze wie für Berufsrichterinnen und Berufsrichter:
- Sie sind an Recht und Gesetz gebunden.
- Sie haben in der mündlichen Verhandlung und in der Urteilsfindung dieselben Rechte und dieselbe Verantwortung.
- Sie sind bei der Rechtsfindung weisungsfrei und zu absoluter Neutralität verpflichtet.
Jede Kammer des Sozialgerichts ist mit einer Berufsrichterin oder einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richterinnen oder ehrenamtlichen Richtern besetzt.
In Baden-Württemberg gibt es Sozialgerichte in Freiburg, Heilbronn, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm.
Die Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart werden durch Senate getroffen, die folgendermaßen besetzt sind:
- eine Berufsrichterin oder ein Berufsrichter (Vorsitz)
- zwei weitere Berufsrichterinnen oder Berufsrichter sowie
- zwei ehrenamtliche Richterinnen oder Richter
Das gilt auch für die Senate beim Bundessozialgericht in Kassel.
Bei jedem Sozialgericht, Landessozialgericht und beim Bundessozialgericht wird ein Ausschuss der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter gebildet.
Dieser Ausschuss wird angehört vor:
- der Bildung von Kammern und Senaten,
- der Geschäftsverteilung,
- der Verteilung der ehrenamtlichen Richterinnen oder Richter auf die Kammern beziehungsweise Senate,
- der Aufstellung der Listen über die Heranziehung der ehrenamtlichen Richterinnen oder Richter zu den Sitzungen.
Verfahrensablauf
Sie werden aufgrund von Vorschlagslisten als ehrenamtliche Richterin oder als ehrenamtlicher Richter berufen. Diese Listen werden von den dazu berechtigten Einrichtungen (zum Beispiel Verbänden oder Kammern) erstellt.
Die Einrichtungen entscheiden selbständig darüber, wen sie auf die Vorschlagsliste setzen.
Die Amtsperiode beträgt fünf Jahre. Nach Ablauf dieser Zeit können Sie erneut berufen werden. Dies ist zulässig und in der Praxis die Regel.
Sie können die Übernahme des Amtes ausnahmsweise ablehnen. Dazu ist berechtigt, wer
- 67 Jahre oder älter ist,
- in den zehn der Berufung vorhergehenden Jahren bei einem Sozialgericht als ehrenamtliche Richterin oder ehrenamtlicher Richter tätig gewesen ist,
- durch ehrenamtliche Tätigkeit für die Allgemeinheit so in Anspruch genommen ist, dass die Übernahme des Amtes nicht zugemutet werden kann,
- aus gesundheitlichen Gründen verhindert ist, das Amt ordnungsgemäß auszuüben,
- glaubhaft macht, dass wichtige Gründe ihm oder ihr die Ausübung des Amtes in besonderem Maße erschweren.
Die Neutralität und Unparteilichkeit des Gerichts soll gewahrt bleiben und Interessenkollisionen vermieden werden. Daher können beispielsweise folgende Personen nicht ehrenamtliche Richterinnen oder Richter in Kammern oder Senaten sein, die über Streitigkeiten aus ihrem Arbeitsgebiet entscheiden:
- die Bediensteten der Sozialversicherungsträger,
- der Kassenärztlichen (Kassenzahnärztlichen) Vereinigungen,
- der Bundesagentur für Arbeit und
- der Kreise und kreisfreien Städte.
Fristen
keine
Unterlagen
keine
Kosten
keine
Sonstiges
Als ehrenamtliche Richterinnen oder ehrenamtlicher Richter erhalten Sie für Ihre Tätigkeit eine Entschädigung.
Diese umfasst:
- Fahrtkostenersatz,
- Entschädigung für Aufwand,
- Ersatz für sonstige Aufwendungen,
- Entschädigung für Zeitversäumnis,
- Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung und
- Entschädigung für Verdienstausfall.
Rechtsgrundlage
- Artikel 97 Absatz 1 Unabhängigkeit der Richter
Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
- § 35 Regelaltersrente
- §§ 9, 12 bis 23 Sozialgerichte
- §§ 30, 33, 35 ehrenamtliche Richter beim Landessozialgericht
- §§ 38, 40, 46 bis 47 ehrenamtliche Richter beim Bundessozialgericht
Deutsches Richtergesetz (DRiG)
- § 44 Bestellung und Abberufung des ehrenamtlichen Richters
- § 44a Hindernisse für die Berufungen als ehrenamtlicher Richter
- § 44b Abberufung von ehrenamtlichen Richtern
- § 45 Unabhängigkeit und besondere Pflichten des ehrenamtlichen Richters
- § 45a Bezeichnungen der ehrenamtlichen Richter
Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetz (LRiStAG)
- § 13 Eid der ehrenamtlichen Richter
- § 13a Weitere Voraussetzungt für die Berufung der ehrenamtlichen Richter
- § 14 Unfallfürsorge für ehrenamtliche Richter
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)
- §§ 5 bis 7
- §§ 15 bis 18
Zuständigkeit
- für die Berufung zur ehrenamtlichen Richterin oder zum ehrenamtlichen Richter bei einem baden-württembergischen Sozialgericht: die Präsidentin, der Präsident, die Direktorin oder der Direktor des jeweiligen Gerichts,
- für die Berufung zur ehrenamtlichen Richterin oder zum ehrenamtlichen Richter beim Landessozialgericht Baden-Württemberg: die Präsidentin oder der Präsident des Landessozialgerichts,
- für die Berufung zur ehrenamtlichen Richterin oder zum ehrenamtlichen Richter beim Bundessozialgericht: das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Vertiefende Informationen
Leitfaden für ehrenamtliche Richterinnen und Richter in der Sozialgerichtsbarkeit - ausführliche Informationen zu Berufung und Rechtsstellung als ehrenamtliche Richterin oder ehrenamtlicher Richter
Freigabevermerk
30.04.2024 Justizministerium Baden-Württemberg